Neben einer großen Anzahl von gekörnten Düngemittel stellt die Industrie den Landwirten auch eine Reihe flüssiger Düngemittel zur Verfügung. Obwohl die Vielfalt flüssiger Düngemittel denen gekörnten Düngemittel in nichts nachsteht, führen flüssige Düngemittel in Deutschland ein Schattendasein im Vergleich zum Verbrauch in anderen europäischen Ländern mit ebenfalls moderner Landwirtschaft. Dies ist umso unverständlicher, da die Nährstoffe regelmäßig zu 100 % pflanzenverfügbar sind, was bei gekörnten Düngemittel nicht der Fall sein muss, obwohl dies heutzutage von hoher Relevanz ist. Die angemessene Versorgung mit den Makronährstoffen durch Flüssigdünger ist gewährleistet.

Kalkulation Flüssigdünger

Die Vorteile von flüssigen Düngemittel liegen auf der Hand.
• Die Nährstoffe sind zu 100 Prozent pflanzenverfügbar.
• Die Präzision bei der Ausbringung ist unübertroffen.
• Der Bau eines Lagers für Flüssigdünger ist möglicherweise zu Anfang teuer. Dafür überwiegen
  jedoch die Vorteile der einfachen Handhabung ohne Qualitätsverluste.
• Der Preis pro Kilo Nährstoff ist bei flüssigen Düngemitteln niedriger als bei gekörnten
  Düngemitteln.
• Der Energieaufwand bei der Herstellung ist bei flüssigen Düngemitteln geringer als bei
  gekörnten Düngemitteln.

I. Stickstoff (N)

AHL
Das wohl bekannteste flüssige Düngemittel ist Ammoniumnitrat-Harnstoff-Lösung (AHL).
AHL ist eine farblose flüssige Mischung aus Ammoniumnitrat, Harnstoff und Wasser und steht in den Qualitäten 32 % N, 30 % N oder 28 % N je Kilo zur Verfügung.
AHL mit 28 % N je Kilo setzt sich zusammen aus 7 % Nitratstickstoff, 7 % Ammoniumstickstoff und 14 % Carbamid Stickstoff (aus dem Harnstoff). Der pH-Wert liegt bei 7 bis 7,5, der durch die Zugabe von Ammoniak während der Herstellung eingestellt wird.

Harnstoff
Von verschiedenen Herstellern oder von Betrieben, die gekörnte Ware auflösen können, wird flüssiger Harnstoff angeboten.
Dieser Dünger ist farblos und enthält je Kilo 15-19 % Carbamid Stickstoff.
Der pH-Wert beträgt je nach Hersteller 9-10.

ASL
Ein weiteres und in der Anwendung seit Jahren stark zunehmendes Produkt ist Ammoniumsulfat-Lösung (ASL).
ASL ist eine farblose Flüssigkeit, die bei verschiedenen technischen Verfahren (z. B. Abgasreinigung, Abluftreinigung oder Herstellung von Blausäure) anfällt und steht hauptsächlich in der Qualität 8 % N und 9 % Schwefel zur Verfügung.
ASL mit 8 % N je Kilo besteht aus Ammoniumstickstoff und 9 % Schwefel in Sulfat Form.
Der pH-Wert schwankt je nach Herkunft in weiten Grenzen von 2 bis 7.
Eine weitere populäre Düngerlösung mit 15% N Gesamtstickstoff, enthält ähnlich wie ASL 8,5 % Ammoniumstickstoff und zusätzlich 3 % Carbamid Stickstoff und 3,5 % Nitratstickstoff sowie 6 % Schwefel in Sulfat Form. Der pH-Wert dieser Düngerlösung beträgt 5.
Anmerkung: Diese Dünger werden oft im Zusammenhang mit der Cultan-Düngung angeboten, mangels anderer nitratfreier Dünger. Wenn man allerdings 130 kg Stickstoff mit ASL 8+9 düngt, bringt man gleichzeitig 146 kg Sulfat Schwefel aus. Es stellt sich die Frage, da die Pflanze ein solches Überangebot an Schwefel nicht verarbeiten kann, wo dieser Sulfat Schwefel landet?

ATS
Entgegen der landläufigen Meinung ist Ammonium-Thio-Sulfat (ATS) aufgrund einer fehlenden Zulassung gemäß Düngemittelverordnung kein Düngemittel, obwohl es getrost als das Schweizer Messer unter den landwirtschaftlichen Produkten bezeichnet werden kann (siehe ATS Metabolismus). ATS ist eine farblose Flüssigkeit aus 12 % N und 26 % S je Kilo. Der pH-Wert beträgt 8.
ATS setzt sich zusammen aus 12 % Ammoniumstickstoff und 26 % Schwefel als S2O3²- (Thiosulfat). Diese Schwefelform reagiert im Boden als halb oxidierter und halb reduzierter Schwefel, sozusagen ½ S2 + ½ SO3²-.
ATS ist daher nicht nur ein ausgezeichneter Lieferant zweier Schwefelformen, im Unterschied zu ASL hemmt es darüber hinaus auch die Hydrolyse von Ammonium in Nitrat sowie von Harnstoff in Ammonium. Aber immer nur im Zusammenspiel mit anderen Stickstoffdüngern wie zum Beispiel AHL.

Ammoniumsulfat-Harnstoff-Lösung
Durch die Vermengung von ASL und Harnstoff entsteht ein weiterer Flüssigdünger, der entweder von der Industrie oder von Firmen mit Mischanlagen vertrieben wird.
Dieser Dünger ist farblos und enthält je Kilo 6 % Ammoniumstickstoff, 14 % Amid Stickstoff und 6 % Schwefel in Sulfat Form.
Der pH-Wert beträgt je nach Hersteller 6-7.

AHL mit Schwefel
AHL mit Schwefel wird von verschiedenen Herstellern oder von Unternehmen mit Mischanlagen angeboten. Das Verhältnis von Stickstoff zu Schwefel ist gegenüber anderen Mischungen deutlich im Vorteil. Als Schwefelquelle dient ASL und/oder ATS. Da außerhalb von Deutschland Schwefel als SO3 und nicht als S bewertet wird, kommt es in den Grenzregionen des Öfteren zu Verwirrungen. Merke: 3 % S (in Deutschland) entsprechen 7,5 SO3 (außerhalb von Deutschland). Sie sollten daher die Herkunft Ihres Düngers kennen.

AHL mit ASL
Ein Produkt mit einem höheren Stickstoffanteil und hergestellt aus AHL und ASL besteht aus 26 % N und 3 % S, wobei der Stickstoff aus 7 % Ammoniumstickstoff, 5 % Nitratstickstoff und 14 % Carbamid Stickstoff besteht. Der Schwefel liegt in Sulfat Form vor.
Der pH-Wert beträgt je nach Hersteller 4-6.

AHL mit ASL und ATS
Ein weiteres Produkt mit einem höheren Stickstoffanteil und hergestellt aus AHL, ASL und ATS besteht aus 25 % N und 6 % S, wobei der Stickstoff aus 9 % Ammoniumstickstoff, 5 % Nitratstickstoff und 11 % Carbamid Stickstoff besteht. Der Schwefel besteht aus Sulfat und Thiosulfat. Der Sulfat Schwefel aus dem Ammoniumsulfat kann von den Pflanzen unmittelbar verwertet werden. Der Schwefel aus dem Thiosulfat wird über mehrere Stufen im Boden umgesetzt und bedarfsgerecht als Sulfat Schwefel aufgenommen. Nach Herstellerangaben wirkt Thiosulfat als Mischpartner im Flüssigdünger als reine Nährstoffquelle. Die Stickstoffumsetzung im Boden ist demnach mit allen anderen Flüssigdüngern ohne N-Stabilisatoren vergleichbar.
Der pH-Wert beträgt 6 – 7.

AHL mit ATS
AHL mit ATS wurde erstmals Mitte der 90-er Jahre in Deutschland verwendet und seitdem unter dem Namen NTS vermarktet. Das „T“ in NTS soll die Tatsache unterstreichen, dass der Schwefel als Thiosulfat mit all seinen positiven Eigenschaften vorliegt. Leider ist diese Idee nicht mehr allen Anwendern gegenwärtig, so dass auch andere flüssige Stickstoffdünger mit Schwefel als NTS bezeichnet werden, ohne dass sie es verdient hätten. NTS kann man abhängig von der Kulturpflanze in fast jedem Verhältnis mischen.
Aber Vorsicht und auch wenn Hersteller anderer Flüssigdünger dies in Frage stellen. Die Zugabe von ATS zu AHL hemmt die Hydrolyse von Ammonium in Nitrat sowie von Harnstoff in Ammonium und Kohlendioxid. Bei den nachstehenden Formulierungen oder ähnlich besteht jedoch kein Anlass zur Sorge.

Grünland
NTS 19 % N + 2 % S je Kilo setzt sich zusammen aus 4,5 % Nitratstickstoff, 5,5 % Ammoniumstickstoff und 9 % Carbamid Stickstoff.
Der pH-Wert liegt bei 7.

Getreide
Der Klassiker NTS 27 % N + 3 % S je Kilo setzt sich zusammen aus 6 % Nitratstickstoff, 8 % Ammoniumstickstoff und 13 % Carbamid Stickstoff.
Auf anderen Standorten wurden gute Erfolge mit NTS 25 % N + 5 % S je Kilo und 6 % Nitratstickstoff, 8 % Ammoniumstickstoff und 11 % Carbamid Stickstoff erzielt.
Der pH-Wert beider Produkte liegt bei 7.

Raps
Für Raps hat sich NTS 24 % N + 6 % S je Kilo bewährt. Das Produkt enthält 5 % Nitratstickstoff, 8 % Ammoniumstickstoff und 11 % Carbamid Stickstoff,
der PH-Wert beider Produkte liegt bei 7.

Die neue DüngeVO
Aufgrund des hohen Anteil von Carbamid Stickstoff in sämtlichen Düngemittel, die AHL enthalten, dürfte es in nicht allzu ferner Zukunft auch eine Regelung ähnlich der für Harnstoff mit mindestens 44 % Carbamid Stickstoff geben. Gemäß DüngeVO darf ab dem 1. Februar 2020 Harnstoff nur noch ausgebracht werden, wenn ihm ein Urease-Hemmstoff beigebracht ist, oder er spätestens 4 Stunden nach der Applikation eingearbeitet wird. Diese Novelle gilt aus technischen Gründen zurzeit noch nicht für Ammoniumnitratharnstofflösung (AHL). Es ist aber keine Frage ob, sondern wann AHL in diese Regelung einbezogen wird.

Stabilisierte Stickstoff-Düngerlösungen
Sämtliche zuvor genannte Flüssigdünger können durch Beimischung einer Anzahl von Nitrifikationshemmern stabilisiert werden. Die Nitrifikationshemmer reduzieren die Anzahl der Bodenbakterien. Damit der Effekt etwas andauert werden zudem Fungizide zugesetzt, damit Bodenpilze den Nitrifikationshemmer nicht zu schnell abbauen. Wie schnell sich nach dem Eingriff das Bodenleben wieder auf das Ausgangsniveau einstellt, oder aber ob es zu Verschiebungen zwischen Pilzen und Bakterien im Boden kommt, und ob diese Verschiebungen negativ oder positiv zu bewerten sind, da durch den Pflanzenschutz ähnliche Effekte ausgelöst werden, darüber kann man jetzt herrlich spekulieren, da das System Boden zu komplex ist, als es nur an einigen wenigen leicht messbaren Parametern festzumachen. Es darf aber jeder einmal darüber nachdenken, wie viele chemische Hochzeiten im Boden stattfinden, und ob der Eintrag von 1,2,4-Triazol und DCD in Gewässer die Lösung ist.

Phosphor
Für die Phosphatgabe eignet sich hervorragend die Verwendung von Ammoniumpolyphosphat (APP) 10-34 mit 10 % Ammoniumstickstoff und 34 % P2O5 oder ein NP-Dünger mit 7 % Ammoniumstickstoff und 17 % P2O5. Beide Produkte sind voll wasserlöslich. Erfahrungsgemäß trägt bereits ein „Reisegeld“ von 10-15 kg/ha mineralischen Phosphats zu Vegetationsbeginn in den Getreidebeständen zu einer deutlichen Ertragsverbesserung bzw. im Grünland zu einer deutlich verbesserten Artenvielfalt bei.

Kalium
Zunächst die gute Nachricht. Die Düngung mit flüssigem Kali ist möglich, obgleich die Handhabung und der Preis für den Nährstoff eine Herausforderung darstellen.
In der Vergangenheit wurde Harnstoff 46 % N mit Kali 60 % K2O zu einem flüssigen NK 10-15 in Wasser aufgelöst. Dies hat jedoch aufgrund der Novelle der DüngeVO nur noch wenig Zukunft, da sich der Aufwand des Auflösens kaum noch rechnet, wenn zusätzlich ein Urease-Hemmstoff beigefügt werden muss. Zudem ist das Produkt nicht Chlorid frei.
Ein weiteres Produkt ist ein PK 11-11. PK 11-11 setzt sich zusammen aus 11 % P2O und 11 % K2O. Das Produkt ist voll wasserlöslich, es lässt sich aber nur begrenzt mit anderen Produkten mischen. Der pH-Wert liegt bei 7-8.
Das Mittel der Wahl für die flüssige Applikation von Kali in der Zukunft dürfte KTS® werden. KTS setzt sich zusammen aus 25 % K2O und 17 % S aus Thiosulfat. KTS verbindet zwei Vorteile, es ist Chlorid arm, und es hemmt darüber hinaus auch die Hydrolyse von Ammonium in Nitrat sowie von Harnstoff in Ammonium, wenn es mit anderen Stickstoffdüngern wie zum Beispiel AHL gemischt wird. Der pH-Wert liegt bei 7-8.

Lagerung
Die gesetzlichen Grundlagen für die Lagerung flüssiger Düngemittel finden sich im Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (WHG) vom 31. Juli 2009, zuletzt geändert am 29. März 2017 und in der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) vom 18. April 2017. Im Regelfall ist keine besondere Schutzkleidung erforderlich. Doch sollte man vor den Pausen und bei Arbeitsende die Hände waschen. Beim Verschlucken den Mund mit Wasser spülen und reichlich Wasser nachtrinken. Bei Augenkontakt sofort gründlich mit viel Wasser spülen.
Achten Sie immer darauf, dass die eingesetzten Düngemittel in der Wassergefährdungsklasse (WGK) 1 eingestuft sind. Stellen Sie sicher, dass die Düngemittel nicht in Abwasseranlagen, Gewässer oder in das Grundwasser gelangen können.